Kommune Altona

Eigentlich wollte ich in diesem Eintrag von meinen Erfahrungen als Vertreter berichten, doch mal wieder kam alles anders. Alles kam anders – so könnte der Titel von fast jedem Eintrag hier lauten. Als Backpacker in Australien kann man wirklich gar nichts planen. Sollte man aber auch nicht, so erlebt man doch schließlich am meisten.


v.l.n.r: Tommy, Daniel, Kalle (Auto)
Noch während ich meinen letzten Blogeintrag hochgeladen hatte, schrieb ich über Facebook mit Daniel – einem ehemaligen Nachbar, der auch mit mir zusammen studiert hat. Wie der Zufall es so wollte war er zusammen mit einem Freund auch gerade in Australien unterwegs. Daniel und Tom haben auch das gleiche Auto wie ich, was in Australien nicht sehr häufig ist. Na gut, es ist natürlich nicht so wunderschön wie Meines. Und vielleicht ein wenig schneller. Da die Beiden gerade in Melbourne waren besuchten sie mich natürlich sofort in Altona, und sind geblieben. Seitdem besteht meine ehemalige Ein-Mann-Kolonie also aus drei Autos und fünf Personen. Mindestens ;-) 

Panorama von unerem Stellplatz am See. Rechts im Bild Jeffrey, das Raumschiffklo




Am Abend vor meinem ersten Arbeitstag als Vertreter habe ich online noch ein wenig Recherche betrieben und herausgefunden, dass die Mutterfirma meines Arbeitgebers nicht wirklich seriös ist. Zwar ist alles legal und die vermittelten Verträge sind durchaus fair, jedoch ist der Stromanbieter so scheiße dreist, dass fast alle Kunden einen Wechsel dorthin bereuten. Zu hohe Rechnungen, nicht erreichbar und so weiter. Da ich mein Geld auf ehrliche Weise verdienen möchte ging ich also nicht hin und tat zusammen mit meiner Kommune dass, was ich am besten konnte: Am Strand entspannen, Grillen, versuchen kein Geld auszugeben, im Meer schwimmen, Frisbee spielen, Geld ausgeben, romantisch im Subway dinieren, online nach Jobs schauen oder das Geräuschkonzert meines Autos analysieren bestaunen.

Nachts am Yarra River

Die 3 von der Tankstelle
Johannes und Luisa bekamen einen Job auf einer Weinfarm, die etwa zwei Stunden östlich von Melbourne gelegen ist. Die Gelegenheit nutzten Daniel, Tom und Ich um unsere Autos wieder flott zu kriegen. Ölwechsel und Ölfilterwechsel standen auf dem Programm und spezielle Mittel für Ölschmierung und Kühlkreislauf wurden angewendet. Als armer, aber dafür ahnungsloser Backpacker kann man jedoch schlecht in eine Werkstatt fahren und dort alles machen lassen. Zu teuer! Also haben wir meinen Patenonkel ausgefragt, ein Youtube-tutorial angeschaut und benötigte Teile im Baumarkt und Kfz-Store besorgt. Leider mussten wir zwei mal fahren, da unser umfassendes Werkzeugset nicht den Schraubschlüssel in der passenden Größe hatte. In Australien sind sowohl Millimeter- als auch Zollangaben gängig, weshalb es so ziemlich alle Schraubwerkzeuge in beiden Ausführungen zu kaufen gibt. Unser billiger Plastikeimer war leider zu hoch, weshalb wir mein Auto zunächst auf großen Steinen „aufgebockt“ haben, die zuvor fachmännisch aus einem nahegelegenen Blumenbeet entfernt worden sind. Gut, dass das keiner gesehen hat! Nach einem schier endlosen Kampf mit Kalles Ölfilter und einer Nacht ohne Öl im Motor (Wer sein Auto liebt, der schiebt...) war es aber schließlich vollendet. Das Klackergeräusch meiner Stößel war zunächst verschwunden, Burgundis Motor lief aber nach wie vor deutlich unruhiger als der von Kalle. Wir kochten uns übertrieben scharfe Kartoffelpampe unter dem Vordach der Raumschifftoilette, als Johannes und Luisa wieder am See ankamen. Der Job war spontan für den nächsten Tag gecancelled worden.


Am Abend vor meinem Geburtstag wollten wir mal wieder gemeinsam Kochen und uns den eher mittelprächtig schmackhaften Goon schmackhaft trinken. Aus dem Reinfeiern wurde aber nichts, da sich um neun Uhr Abends plötzlich die Gelegenheit auftat, Johannes und Luisa nach Lilydale zum Weinernten zu begleiten. Also packten wir nach dem Essen alles zusammen und machten uns in einer Kolonne auf den Weg, um uns durch Melbournes Stadtverkehr zu quälen. Der Weg führte mal wieder über die gewaltige Westgate Bridge, die bei Nacht einen herrlichen Ausblick auf die Stadt bietet. Aus dem T3 vor mir kam beim Beschleunigen schwarzer Qualm, da die Beiden das Problem ihres Motors nach wie vor nicht in den Griff bekommen haben. An einer Ampel trat Johannes aus Spaß voll auf aufs Gas und ließ mich in einer tiefschwarzen Wolke versinken. Gut, dass ich stets mein Fenster ganz offen habe. Dann schmeckt man schließlich auch was. Wir standen lange im Stau und plötzlich ging mein Motor aus – dachte ich zumindest. Seitdem läuft mein Wagen jedenfalls wesentlich ruhiger. Kurz vor Lilydale hielten die Anderen plötlich an, stiegen aus und schüttelten mein Auto durch – ich war ganz nebenbei 25 Jahre alt geworden. In einem gigantischen Konstrukt aus Pappkartons, den die vier mir schenkten, fand ich schließlich einen luxeriösen Campingstuhl. Endlich muss ich nicht mehr auf der Kühlbox sitzen! Aus den Kartons baute ich mir eine Fächerbox für den Beifahrersitz, um ein Minimum an Ordnung in meinen fahrenden Kramladen zu bekommen. Am nächsten Morgen ging es früh los in Richtung Weinernte, worüber ich im nächsten Eintrag gesondert berichten möchte. 

Flughundaugen
Ikea, tzz...










Ein Teil vom Geld habe ich direkt in eine neue Matratze investiert. Daniel und Tom waren ihre Luftmatratzen auch satt, also haben wir Maß genommen und ein je 130 Dollar teures Stück Schaumstoff zurecht geschnippelt. Seitdem pieksen mir auch keine Metallfedern mehr in den schiefen Rücken und ich kann meine Heckklappe benutzen. Vor Allem zu zweit ist es jetzt deutlich bequemer. Ob Löffelchen mit dem Radkasten oder Andreaskreuz im Vollrausch, man fühlt sich fast wie in einem richtigen Bett.


Erwähnenswert ist noch das „Adventure Golf“ in Lilydale, welches wir an einem freien Nachmittag besuchten. Für 16 Dollar kann man dort 36 Bahnen (je 18 indoor und outdoor) Minigolf spielen, und wir hatten Spaß ohne Ende. Jede Bahn war mit Liebe zum Detail gebaut worden. Oft über mehrere Etagen verteilt wurde der Ball mit Druckluft weitergeleitet, verschwand in Rohren im Boden oder musste über einen bewegbaren Holzbalken gesteuert werden. Es gab teilweise versteckte Wege und man musste einige Bahnen vorher genau anschauen, um nicht von Ihnen verarscht zu werden. Abends hatten wir Bauchschmerzen vor lachen. Wer hätte gedacht, dass Minigolf so viel Spaß machen kann. Die Anlage ist auf jeden Fall einen Besuch wert.



Der nächste Beitrag zur Weinernte sollte (diesmal) nicht lange auf sich warten lassen.
Bis dann,

Florian


Verrückte Kakadus
Daniel und Ich im T3

Unser Stellplatz in Lilydale

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Kommentare: 1
  • #1

    Anonym (Donnerstag, 16 April 2015 22:56)

    Hey Flo! Wir drücken dir bei der Jobsuche und Burgundi beim Durchhalten die Daumen! Nächste Woche kommt Christian aus München und wir machen die Dille unsicher - falls du bis dahin keinen Job hast - wie schnell kannst du in Münster sein ? (;
    Liebe Grüße Lena und Nico