Südlich des Munjina Roadhouses, wo der letzte Eintrag entstanden ist wird die Landschaft zunehmend dramatischer.
Mein kostenloser Stellplatz für die Nacht war ist mit der schönste Ort, an dem ich je übernachtet habe. Unter einem einsamen hohen Baum mitten auf einem Gebirgskamm hat man Aussicht in zwei
weitläufige Täler, die in sattem Grün leuchten und zu beiden Seiten von schroffem Gebirgsmassiv eingefasst sind. Lediglich eine Rekordverdächtig hohe Anzahl von Fliegen störte die Idylle – ich
bin zwischendurch mit meinem Schneidebrett Amok gelaufen. Die Lage im Landesinneren machte sich auch in den Temperaturen bemerkbar: In der Sonne ist es heiß, ohne Sonne ist es kalt. Ein
Mittelding gibt es nur in den 3 Minuten Abends, wenn der Feuerball noch so halb über den Horizont schaut.
Im Karijini Nationalpark führte mein Weg zunächst ins Besucherzentrum, anschließend unternahm ich insgesamt 5
kleinere Wanderungen.
Wanderung 1: Zum Circular Pool. Ich kramte meine Wanderschuhe aus dem Auto, da es sich immerhin um einen Class 4
Walk handelte. Die australischen Hikes sind in Schwierigkeitsgrade von 1 bis 6 unterteilt, der Aufstieg auf den Uluru war beispielsweise Class 5. Nach kurzem Abstieg in das malerische Tal folgt
man dem Flusslauf entgegengesetzt der Wasserrichtung. Dabei führte der Weg tatsächlich durch den Fluss und ich hatte Teils ein wenig Mühe, keine nassen Füße zu kriegen. Das Billabong am Ziel war
sehr idyllisch, und ich genoss ein Paar Orangen an einem schattigen Plätzchen. Ein Belgier sprang sogar in das klare Nass, obwohl das Wasser im Winter extrem kalt ist.
Wanderung 2: Zu den Fortesque Falls. Dieser Class 3 Walk führt ebenfalls hinab in die Dales Gorge. Die Fortesque
Falls sind schließlich eine Stelle im Flusslauf, wo das Wasser eine Art natürlich geschaffene Treppe hinunter fließt. Einige Besucher haben ein Handtuch mitgebracht und hielten auf einer der
Stufen ihre Wampe in die Sonne. Ich ging schnell zurück zum Parkplatz, da ich nur einen Tag bleiben wollte und es noch einiges zu Sehen gab.
Wanderung 3: Zum Klo. Dieser Class 1 Walk führt etwa 20 Meter vom Parklplatz zu einem staubigen Blechhäuschen, wo
man sich ein Loch im Boden nur mit den Fliegen teilen muss. Ein Besuch ist in jedem Fall empfehlenswert, wenn man seinen Magen beim Frühstück mit grausiger Thunfischpasta vom Vorabend beleidigt
hat. Anschließend quälte ich Ludwig über die Dirtroad, die zum westlichen Teil des Parks abkürzt, wo die etwas abenteuerlicheren Wanderungen starten.
Wanderung 4: In die Hancock Gorge. Dieser Class 5 Walk wird von den Einheimischen nur „The Ladder“ genannt, da
eine große Metallleiter den Anfang beschreibt. Der Lonely Planet riet von einem Besuch ab, da es in der Vergangenheit immer wieder Unfälle mit übermütigen Touristen gegeben hat. Der Pfad führt
zunächst am Flussbett entlang, bis man schließlich an der Wasserkante steht. Hier gibt es nur zwei Möglichkeiten: Durchlaufen oder Umkehren. Meine Wanderschuhe waren ohnehin ein wenig dreckig,
sodass ich einfach mit Klamotten durch das knapp Hüfthohe Wasser watete. Irgendwann kam ich an einen Abschnitt, der auf der Karte „Spider Walk“ genannt wurde: Wie eine Spinne muss man sich dort
zu beiden Seiten an den Wänden abstützen. Ich erreichte schließlich Kermits Pool, das Ende der Wanderung. Ich sprang spontan in das Wasser: Mein bisher kältester Moment in Australien. Die
Wassertemperatur betrug höchstens 3cm, der ganze Körper wurde taub. Hinzu kam, dass ich natürlich zu Faul war meine Wanderschuhe auszuziehen, die mich wie Bleikugeln in die Tiefe zogen. Somit war
der Rückweg auch ein besonderes Workout für die Beine.
Spider Flo, Spider Flo...
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Früher konnte man ab Kermits Pool übrigens noch weiter klettern, doch mittlerweile ist der Abschnitt gesperrt: Zu
gefährlich und rein zufällig auch kommerziell genutzt. Ja ja, damals war alles besser... Schöne Orte werden kommerzialisiert, in Nationalparks wird fleißig Eisen oder auch Uran abgebaut und auch
die Tierwelt wird langsam aber sicher von der Gewinnorientierten Einstellung der australischen Regierung minimiert. Wer in meinem Alter ist und die einzigartige Schönheit dieses Kontinents
erfahren möchte sollte damit nicht bis zur Rente warten.
Wanderung 5: Handrail Pool. Dieser Class 5 Walk, von dem bereits Johannes geschwärmt hatte war auch mein
persönliches Highlight. Ich lief barfuss, da mir meine nassen Wanderschuhe zu schwer geworden sind. Zunächst gibt es ähnliche Herausforderungen wie in der Hancock Gorge. Irgendwann folgt man dem
Flusslauf durch eine schmale Felsspalte – eine tolle Atmosphäre. Am Ende führt schließlich ein Handlauf durch einen kleinen Spalt hinab in ein großes Billabong. Ich will den Weg hinab filmen und
habe meine Kamera in meine wasserdichte Hülle gepackt. Leider ist der Weg rutschiger als erwartet, und an der Kante zum Billabong muss ich mich auch mit der zweiten Hand abstützen. Doof dabei
war, dass die Kamera in der Hülle keine Handgelenkschlaufe hat und daher nicht wie gewohnt am Handgelenk baumelt – stattdessen (wer hätte es gedacht) fällt sie auf den Boden, wird da direkt vom
Wasser mitgerissen, stürzt knapp 4 Meter auf einen Felsen im Billabong und treibt dort im Wasser. Scheiße, Scheiße, Scheiße! Ich hechte hinab und springe direkt ins Wasser, da die Hülle ja auch
möglicherweise einen Knacks bekommen haben könnte. Hatte sie nicht, aber die Kamera... ein Riss im Gehäuse und nur ein schwarzer Bildschirm beim Starten. Das darf nicht wahr sein. Die Kamera
kostet etwa 200 Euro und eine Neue ist momentan nicht im Reisebudget. Ich hatte bereits Bilderlose Seiten im Blog und in dem Buch, was ich mir in Deutschland als Erinnerung drucken lassen möchte
vor Augen. Umso glücklicher war ich, als der kleine Kasten nach ein wenig Fummelei plötzlich wieder zum Leben erwachte. Brave Kamera!
Mitch am Handrail Pool
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Im Billabong lernte ich den Australier Mitch kennen. Sein Bruder würde nur vor dem PC hocken, weshalb er ihn
spontan eingepackt hätte und für einige Wochen durchs Land reist. Keine schlechte Idee eigentlich! Wir schlossen uns spontan zusammen und ich erhielt einige Infos, da die Beiden aus einem Kaff in
der nähe stammen. Mein neues Ziel heißt jetzt Carnarvon, ein Stückchen weiter im Süden an der Küste. Dort soll es Schaffarmen geben und auch einige Früchte werden wieder reif: Arbeit, die für
eine Visumsverlängerung zählt. Es wird jedoch Zeit- und Geldmäßig langsam knapp, und die Zukunft meines mobilen Heims ist bekanntlich auch ungewiss. Dementsprechend werde ich die unverzichtbaren
Attraktionen, die noch auf dem Weg liegen im Schnelldurchlauf abklappern müssen. Ich bin gespannt, wie es weitergeht! Bis demnächst,
Florian
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