Süden, Osten, Norden?

So, mit dem letzten Eintrag wäre das philosophische Blabla ja erledigt. Aber was ist in den letzten 2 Wochen passiert und wie geht es jetzt weiter? Eine der beiden Fragen kann ich sogar beantworten. Extra für Schiffer diesmal auch wieder mit Bildern!


Als ich nach erfolgreich durchgammeltem Wochenende in der Dämmerung wieder auf der Manberry Station eintraf, lernte ich Deb und Lyn kennen, Freunde der Familie Gooch. Das sympathische Rentnerpaar lebt seit 12 Jahren „on the road“ und war schon so ziemlich überall in Australien. Sie sollten mit mir für zwei Wochen die Station schmeissen, da David und seine Mum nach Perth aufbrachen. Ein großer Roadtrain erreichte die Station und etliche staubige, etwa 250kg schwere Heuballen wollten abgeladen werden. Dazu bin ich auf den Truck geklettert, habe mich zwischen die Ballen geklemmt und diese zur Luke gerollt. Nachdem ich an Allergie fast gestorben bin wurde das Gefährt zum Cattle Truck umfunktioniert und sämtliches Vieh verladen. Damit war das Thema Viehverkauf entgültig erledigt, und Lyn und ich durften uns wieder dem geliebten 4km langen Zaunstück am Ostende des Grundstücks widmen. 6 Reihen Gammeldraht wollten entfernt und durch 4 Reihen neuen Draht und 2 Reihen Stacheldraht ersetzt werden. Ich arbeitete meist eigenständig, da Lyn auch für das Checken der Windräder und Tränken zuständig war.

Am letzten Wochenende habe ich dem berühmten Örtchen Coral Bay einen Besuch abgestattet. Touristisch, aber wirklich sehr idyllisch war es eine willkommene Abwechslung zum Campingplatz in Carnarvon. Am traumhaften Strand lernte ich einige (natürlich) Deutsche kennen. Wir haben uns gehörig erschrocken, als direkt vor uns ein ausgewachsener Waran durch den Sand gekrochen kam. Den Abend ließen wir bei ein paar Bierchen und Kartenspielen im wirklich guten Hostel und am Grillplatz ausklingen. Schockierend an Coral Bay war, dass wirklich alle Menschen überall Deutsch gesprochen haben – wo bin ich denn hier!?


In der letzten Woche stand dann wieder Fancy Fencing auf dem Programm. Ich war wirklich froh, am Donnerstag Nachmittag den hoffentlich letzten Haken meines Lebens an den fast schon an mir festgewachsenen Draht machen zu dürfen. Ich machte mich auf den Rückweg, und keine Minute später hörte ich ein dezentes „Pfffffffff....“ von hinten links – ein Geräusch, welches man alleine mitten in der Wüste nicht gerne hört. Scheisse. Der Reifen war Platt, und zum Wagenheber im Fußraum fehlte die passende Kurbelstange. Ich klemmte den Wagenheber also irgendwie unter die Blattfedern und benutzte einen Schraubenzieher zum Kurbeln. Das kam an die Grenzen des Schraubenziehers und war echt anstrengend in der prallen Sonne, da zudem der Boden eine enorme Hitze ausstrahlte. Nach einer geschlagenen Stunde konnte es dann weitergehen, allerdings nur für eine Dreiviertel Stunde. Knapp 5km vor der Farm kam wieder ein „Pfffff...“, diesmal von vorne rechts. Zwei Platten auf einer Strecke – die einzigen beiden in den 2 Monaten auf der Station. Jackpot! Ein zweites Ersatzrad gab es nicht, also schnappte ich meinen Rucksack, füllte die Wasserflasche und machte mich zu Fuss auf den Weg. Mir kamen schließlich Lyn und Debbie entgegen, die sich vor Lachen kaum einkriegten. Flow the tyre puncher!

Lyn und Ich nach getaner Arbeit



Bevor ich die Station verließ musste ich allerdings auch noch ein wenig negatives Karma sammeln. Ich bekam die Magnum 22 in die Hand gedrückt und sollte ein Känguru in etwa 70m Entfernung erschießen. Es gibt zu viele Kängurus in der Region, und verwurmte und abgemagerte Tiere werden erschossen. Ein guter Jäger schafft 60 Kängurus pro Nacht. Die Zahl kommt von Julius, also alle Angaben ohne Gewehr Gewähr. :-P
Ich habe nie zuvor geschossen, weshalb der erste Schuss natürlich total daneben ging. So ein Kängurukopf in der Entfernung ist aber auch wirklich klein! Dem Tier war es aber total egal, dass gerade eine Kugel an seinem Ohr entlang geflogen kam und blieb stumpf stehen. Der zweite Treffer saß schließlich, aber das Tier lebte noch. Mit einem Hammer muss dann auf den Hinterkopf geschlagen werden, um das Genick zu brechen. Kein schönes Erlebnis und kein schönes Geräusch. Lyn zog schließlich noch ein wenige Tage altes Kängurubaby aus dem Beutel. Fuck. „I cant do this“ sagte ich, wobei mir ein Kloß im Hals stecken blieb. „Well, you have to“. Ich schwang erneut den Hammer und Blut spritzte auf mein Bein. Immerhin hatten die Kängurus einen besseren Tod, als langsam in der Wüste zu verhungern – schön war es trotzdem nicht. 


Gestern habe ich auf dem Weg nach Carnarvon die Blowholes besucht. Dafür ging es nicht in einen Swingerclub, sondern etwa 50km vom Highway entfernt an die schroffe Felsküste. Dort gibt es Löcher im Boden, durch dass das Wasser der Tidenhübe geschossen kommt. Es war recht stürmisch und das Wasser wurde teilweise mit Ohren betäubendem Lärm in knapp 10m Höhe katapultiert. Sehr beeindruckend, aber nach einem halben Stündchen hat man auch alles gesehen.

Doof, dass ich genau im Wind stand...

Mittlerweile bin ich wieder in Carnarvon und gespannt wie es weitergeht. Die Haare wachsen langsam nach, je nachdem ob ich zum Rasierer greife oder nicht kann ich mich momentan zwischen Trucker und Knasti entscheiden. Meinen Lohn der letzten 6 Wochen habe ich mit einer einzigen Überweisung bekommen. Einen Vertrag oder Ähnliches gab es nicht – in Australien läuft alles auf Vertrauensbasis. Ich gammle noch zwei Tage hier ab, da in Davids Postbox ein Brief für mich wartet, aber das Postamt nur unter der Woche geöffnet hat. Außerdem bin ich morgen mit Lyn und Deb zum Lunch verabredet. Die beiden haben Freunde an der Ostküste, die mir vielleicht einen Job geben können. Denn von meinen letzten 6 Monaten möchte ich noch etwa 3 Monate möglichst viel Geld verdienen. Außerdem brauche ich noch recht bald ein wenig „specified work“, um legal mein Visum verlängern zu können. Auch David hat eventuell einen Job für mich an der Hand. Falls sich nichts ergibt werde ich zügig gen Süden fahren und mein Glück bei der momentanen Heuernte probieren. Ludwig wird in letzter Zeit ein wenig warm und ist zunächst nicht richtig angesprungen, nachdem ich mit dem Kompressor der Station den Luftfilter gereinigt habe. Es bleibt also mal wieder spannend. Ich habe keine Ahnung, wo ich in einer Woche sein werde – und genau so muss es sein!

Der letzte Abend auf der Station. Nachts gab es eindrucksvolle Blitze, aber keinen Regen.



Zum Abschluss gibt’s nochmal ein paar Impressionen von der Manberry Station.
Rinjehaun!













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Kommentare: 1
  • #1

    iffer (Donnerstag, 16 April 2015 23:04)

    TY für die Bilder, schön, dass du an meine Leseschwäche gedacht hast :D
    Die Aufforderung mit dem nackig machen aus dem letzten Eintrag muss ich noch überdenken, aber wenn du nähstes Jahr zurück kommst, hab ich auf jeden Fall ein, zwei oder Miljuhnen Bier für dich kalt!
    Viel Erfolg bei der Jobsuche, lass bald wieder was (mit Bildern) von dir hören :D