Als Anhalter am Ende der Welt

 

Kia Ora!

So begrüßen sich die Maoris, die Einheimischen Neuseelands. Wider Erwarten brachte das Flugzeug einen gut angeheiterten Florian sicher ins Land der Hobbits. Ich brauche mal anständige Horse-tranquelizer! Um 5 Uhr Morgens stand ich also verkatert in Christchurch am Flughafen und fragte den Busfahrer nach dem „Kiwi House“, wo Vincent mir bereits ein Bett gebucht hatte. Der ist lustig. So ziemlich Alles in Neuseeland heißt Kiwi-Irgendwas. Der berühmte Kiwivogel, die Frucht, selbst die Einwohner nennen sich Kiwis. Ohne Simkarte / Internet cruiste ich geschlagene 2 Stunden mit dem Board durch die Stadt, bis ich endlich das richtige Kiwi House gefunden habe und fiel erstmal in ein Tagkoma. Christchurch selbst wurde ja vor ziemlich genau drei Jahren von einem verheerenden Erdbeben getroffen und hat sich davon noch lange nicht erholt. Nur zögerlich werden vereinzelte Gebäude wieder aufgebaut, da noch immer eine hohe seismische Aktivität vorliegt. Überall gibt es Straßensperren, Schutt und abgesperrte Gebäude. Im Zentrum hat man eine provisorische Containerstadt errichtet. Die ganze Stadt wirkt tot, so etwas wie ein Nachtleben ist quasi nicht mehr vorhanden – und dass, obwohl Christchurch nach Auckland die zweitgrößte Stadt des Landes ist.


Nach 4 Tagen in der Stadt hatte ich die Schnauze voll. Der Lebensunterhalt ist teuer, viel zu sehen gibt es nicht und generell wirkt alles öde und trostlos. Es waren noch zwei Tage, bis wir unser reserviertes Zimmer im südlichen Queenstown beziehen können und Vincent hatte sein Kiwi House und die Busfahrt bereits gebucht. Ich entschied, alleine als Hitchhiker nach Queenstown zu fahren – mit Umweg über Mount Cook, den höchsten Berg des Landes. Das Fahren per Anhalter ist in Neuseeland üblich und legal, doch ich plante vorsichtshalber den ganzen Tag für die doch recht lange Strecke ein. Schließlich bin ich nicht blond, habe keine Brüste und soviel Gepäck, dass mich eigentlich nur Tieflader mitnehmen können. Ich malte mir schnell ein Pappschild und nahm den nächsten Bus aus der Stadt. Tschüss Christchurch! 

Fast alle Gebäude sind voller Graffitis - Geduldet, da sie ohnehin abgerissen werden



An der letzten Tankstelle vorm Nirgendwo setzte ich mich auf einen alten Autoreifen am Straßenrand, hielt mein Schild hoch und schaute auf die Uhr. 13:27 – mal sehen wie viel Zeit vergeht, bis mich Einer mitnimmt! Keine zwei Minuten später saß ich im Auto von Nicola und brauste Richtung Süden. Wir gabelten ihren Mann und zwei kleine Kinder in irgendeinem Kaff auf und bogen ins Landesinnere ab. Volltreffer! Mount Cook lag quasi auf dem Weg. Nach 4 Stunden Fahrt, endlosen Gesprächen über die Landwirtschaft Neuseelands und einem Kotzanfall vom jüngsten Sohn fand ich mich schließlich direkt an der Abzweigung zum Mount Cook wieder. Auch dort konnte ich gerade so die letzten Happen meiner Pizza hinunter schlingen, als auch schon das nächste Auto anhielt. „We can take you there, but you have to entertain the kids!“ Och ne, schon wieder zwei kleine Kinder. Dachte ich – es handelte sich nicht um gewöhnliche Kinder, sondern gnadenlos gelangweilte Quälgeister. Solche, die mit Sandalen um sich schlagen und Beinhaare rausreißen. Was tut man nicht alles, um gratis von A nach B zu kommen. Glücklicher Weise war es nicht mehr weit, und die Aussicht war überwältigend: Wir fuhren am Lake Pukaki vorbei, welcher aufgrund zweier dort mündender Gletscher einen unnatürlich kitschigen Blauton hat. Man könnte meinen, irgendjemand hätte tonnenweise Farbe in den See gekippt.

Nein, dieses Handyfoto ist nicht bearbeitet!


In der Mount Cook Village konnte ich noch eines der Betten im urigen Hostel ergattern und versuchte mich ein wenig im Downhill. Am nächsten Morgen fuhr ich wieder per Anhalter zum Startpunkt der beliebten Wanderung. Ein kleiner Hike führt über zwei Hängebrücken ins Hooker Valley. Von dort hat man einen tollen Blick auf den Mount Cook. Angeblich. Wie so oft verschwand der Berg in den Wolken. Es war jedoch ein unterhaltsamer Hike. Den Gesichtsausdruck der Japaner beim Anblick meiner Schuhwahl (Flipflops) werde ich so schnell nicht vergessen. なんてこと! Zudem gab es immer wieder heftige Windstöße, die mich sogar einmal vom Weg geweht haben. Bei besonders starken Böen haben sich dann immer alle auf den Boden geworfen.


Am Nachmittag fuhr ich schließlich per Anhalter ins beliebte Queenstown. Zuerst gabelten mich ein paar nette Rentnerkiwis mit ihrem Wohnmobil auf. Sie fütterten mich mit Obst und boten mir sogar an, mich in ihrem Ferienhaus bei Nelson einzuquartieren. Anschließend fuhr ich im zugemüllten Auto eines anderen Kiwis mit, der mir nach nicht einmal 3 Minuten Fahrt eine große Tüte Canarrrbis unter die Nase hielt. Das Boot auf dem Anhänger schaukelte bedenklich. Das letzte Stückchen fuhr ich schließlich mit zwei Mädels aus England, die mich direkt vorm Hostel absetzten. Hitchhiking in Neuseeland ist absolut empfehlenswert. Man spart Geld und Zeit und erlebt so Einiges. So Einiges erlebt man übrigens auch in Queenstown, der Abenteuer-Hauptstadt Ozeaniens. Den Eintrag muss ich jedoch nachreichen, denn morgen beginnt unser großer Hike und mir fallen die Augen zu. Beide, das Weiße und das Rote...

Ka kite ano!



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