Dieser Eintrag ist anders. Das liegt nicht daran, dass ich wieder im weichen Licht meiner geliebten Stehlampe sitze und Hifi-Sound mein Hinterteil in den Bürostuhl drückt, der den Schöpfer seiner Sitzmulde seit über 550 Tagen nicht mehr zu Gesicht bekommen hat. Nein, das ist es nicht. Auch die Tatsache, dass die Reise vorerst ein Ende gefunden hat ist nicht entscheidend. Es liegt wohl an dieser merkwürdigen Mischung aus Melancholie und Resignation. Warum? Ich stehe vor der unlösbaren Aufgabe, 18 Monate pures Leben auf ein wenig Text zu reduzieren. Wie jeder Andere in meiner Situation werde ich dabei kläglich scheitern und versuche es dennoch.
Tschüss Australien - Ein letzter Blick auf den Kontinent, der mehr als 14 Monate mein Zuhause war |
Ich habe es geschafft! Ich sitze tatsächlich im Bus nach Kuala Lumpur! Das mag sich nun nicht sonderlich
spektakulär anhören, aber heute Morgen hatte es nicht wirklich danach ausgesehen. Ich kam total durchgeschwitzt am Busterminal an und wollte mir auf den letzten Drücker noch etwas Proviant für
die 6-stündige Fahrt besorgen – einen hungrigen Florian will ja wirklich Niemand neben sich im Bus sitzen haben. Was dann folgte war Zirkus der Extraklasse: Ich war mit Sicherheit in der
langsamsten Subwayfiliale der nördlichen Hemisphäre. Die gute Dame hat doch tatsächlich ein paar Salatgurkenscheiben gegriffen und dann Alle bis auf Eine zurück in den Behälter geleget.
Anschließend wurde die eine Scheibe der Salatgurke fein Säuberlich auf dem Sandwich plaziert. Erst nach Lagekorrektur und Überdenkung der bevorstehenden motorischen Handlungen hat sich der
Vorgang dann wiederholt. Mit den anderen Belägen verlief es ähnlich. Ich war kurz davor mich häuslich einzurichten, als das Sandwich Kunstwerk dann schließlich doch fertig war
und ich zurück zum Bus hechten konnte. Sowas passiert wohl, wenn man sich bei der Stellenausschreibung vertippt und einen Sandwichautist einstellt. Nun ziehen jedenfalls die endlosen
Palmölplantagen an meinem geräumigen Fernreisebus vorbei und ich habe endlich Zeit, dass Thema von Salatgurkenscheiben auf Neuseeland zu lenken.
Auckland Airport im Sonnenuntergang
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Kennt ihr denn Film mit Tom Hanks, wo der einen Typen spielt der am Flughafen wohnt? Wenn ja, so geht es mir gerade. Wenn nein, mir geht es gerade wie einem Typen im Film der am Flughafen wohnt. Gespielt von Tom Hanks. 15 Stunden Aufenthalt habe ich hier in Brisbane, und knapp die Hälfte liegt noch vor mir. Zeit genug, sich mal über alles Mögliche aufzuregen. Zum Beispiel über Banken. Da geht der gemeine Backpacker Wochenlang Äpfel pflücken oder Rinder ärgern, will am Ende ein wenig Erspartes mit nach Hause nehmen und fragt sich: Wie???
Die Straße nach Te Anau |
So, da melde ich mich also wieder, um von unserem Roadtrip nach Cairns zu berichten... nicht. Natürlich kam mal wieder alles anders als geplant. Naja, eigentlich kam alles anders als vermutet – das sinnlose Unterfangen, sich seine nahe Zukunft detailliert auszumalen habe ich längst aufgegeben. Jedoch schwirrte mir eigentlich immer Cairns im Kopf rum. Mit der Route über den Nordzipfel hätte ich nämlich Alles von Australien gesehen, was nicht möglich ist, aber ihr wisst schon wie ich das meine.
Der Highway durch die Eyre Peninsula
Wir verließen Esperance gen Norden. Bevor wir in die unendlichen Weiten der Nullarborebene eintauchen, wollten wir noch einen Abstecher nach Kalgoorlie machen, der berühmtesten Minenstadt Australiens. In Norseman, dem letzten Kaff vor der Leere traf ich doch tatsächlich Fred und Lena aus Carnarvon wieder. Australien ist groß, aber an gewissen Knotenpunkten kommt niemand vorbei. Norseman ist einer davon, auch wenn dessen einzige Attraktion meiner Meinung nach die Handwaschanleitung auf der öffentlichen Toilette der Tourist Information ist. Australien ist und bleibt nun mal ein Nannystate.
Die unbeschreiblichen Blautöne am Horizont sind schwer zu definieren. Wo hört das Meer auf, wo fängt der Himmel
an? Vielleicht wäre es einfacher zu erkennen, wenn ich nicht gerade auf dem Beifahrersitz von Julius' kleinem Allradwagen sitzen herumfliegen würde. Es ist mit Abstand die
härteste Offroadpiste, die wir je gefahren sind. Damit hatten wir dann doch nicht gerechnet - Julius ist nervös. Sein Blick ist angestrengt und er macht Atemgeräusche, die mir sonst nur aus
sehenswerten RTL2-Dokumentationen wie „Junge Mütter“ bekannt sind. Hoffentlich kommen wir hier wieder raus. Und überhaupt, wo sind wir hier eigentlich? Der traumhafte Strand, den uns Paul
versprochen hatte lässt noch auf sich warten. Der nette Australier hatte uns spontan am Chelly Beach angequatscht. „Wanna see paradise?“ Sein großer Toyota hätte beim letzten mal auf der Seite
gelegen, mit zwei Autos sei es doch sicherer und auch lustiger.
Da war ich also plötzlich in Perth, der einsamen Hauptstadt im Südwesten dieses gigantischen Kontinents. Nachdem ich Tom zum Flughafen gefahren habe war es 5 Uhr morgens und bereits hell und auch warm. Einer der heißesten Tage seit Jahren stand vor der Tür, mindestens 44° im Schatten. Ich nutzte also die frühen Morgenstunden, schnappte mir mein Longboard und cruiste in Richtung Stadtzentrum. Vom recht zentralen Kings Park hat man einen herrlichen Ausblick auf die Skyline von Perth und einige Vororte.
Anschließend stand ich vor der unlösbaren Aufgabe, lebend bergab in die Innenstadt zu kommen. Nach einer Nahtoderfahrung im Blumenbeet klemmte ich mir das Board dann doch lieber unter den Arm.
Am Vorabend vor der Abreise habe ich Ludwig noch mal ordentlich sauber gemacht und es gab ein letztes Lagerfeuer in großer Runde im Flussbett des Carnarvon Creek. Dann konnte es endlich losgehen – 5 Monate in und um Carnarvon waren zu Ende. Zunächst fühlte es sich noch so an, als würde man einfach nur Einkaufen fahren und dann wiederkommen. Bis zum 5. Januar waren noch „double days“, an denen es häufig Polizeikontrollen gibt und sämtliche Strafen verdoppelt werden. Wir verließen die Farm am 6. Januar. Die Frage ist ja unter Anderem, ob mein Auto zuerst verreckt oder einkassiert wird. Doch darum machten Tom und ich uns nicht wirklich Gedanken. Fenster auf und Heizung an, dann kommen wir schon irgendwie gen Süden!